Von ALBRECHT NISSLER
Dexter Gordon, der aufgrund seiner Größe von fast zwei Metern den Spitznamen „Long Tall Dex“ trug, kam am 27. Februar 1923 als Sohn eines wohlhabenden schwarzen Arztes zur Welt. Sein Sound war einzigartig und sein Gesicht wurde durch seine Hauptrolle in dem Film „Round Midnight" zu einem der berühmtesten des modernen Jazz. Letztes Jahr wäre Dexter Gordon 100 Jahre alt geworden.
Die Entscheidung, Jazzmusiker zu werden, fällte er mit sieben Jahren, nachdem ihn sein Vater zu einem Konzert von Duke Ellington mitgenommen hatte. Danach lernte er erst Klarinette, später Saxofon. Bereits Anfang der 1940er-Jahre musizierte er in New York mit den Großen im Jazz zusammen: mit Lionel Hampton, Louis Armstrong und Charlie Parker. "Ich hatte das Glück, dass ich genau in dieser abenteuerlichen Zeit anfing, Musik zu machen, als aus dem Swing der Bebop wurde", bemerkte er später. Anfang der 1950er-Jahre brachte ihn seine Drogensucht ins Gefängnis und war deswegen lange von jeglicher musikalischer Arbeit ausgeschlossen.
Nach dem Erfolg einer Europa-Tournee 1962 emigrierte er nach Paris, wo er sich mit anderen exilamerikanischen Musikern zusammentat. Es entstanden legendäre Alben wie „Our Man in Paris" (1963) oder „One Flight Up" (1965), auf denen er ein schnörkellos lässiges Spiel an den Tag legte. Ende der 1960er-Jahre zog es ihn nach Dänemark, wo er einen starken Einfluss auf den europäischen Jazz ausübte.
Seine Rückkehr im Jahre 1976 in die USA erwies sich als Triumphzug, denn er entfachte eine regelrechte Bebop-Renaissance. Als großer Individualist und Einzelgänger schickte er am Tenorsaxofon Töne von erdiger Kraft und stilsicherer Feinheit in den Raum. Vor allem die lyrischen Stücke wie „Body and Soul“ oder „Darn That Dream“ spielte er in einer unnachahmlichen Schönheit.
Er war nie revolutionär wie Charlie Parker oder progressiv wie John Coltrane, doch beeinflusste sein Spiel viele Musiker. Im Alter von 67 Jahren erlag Gordon einer Krebserkrankung. Das traurige Ende eines außergewöhnlichen Künstlers.