Cool Jazz

Von ROLF MARTIN

Gegen Ende der 1940er Jahre entstand als Gegenströmung zur nervösen Aufgeregtheit des Bebop eine ruhigere und ausgeglichenere Spielform. Die Begründer dieses Cool Jazz (hier sind vor allem der Trompeter Miles Davis und der Pianist John Lewis zu nennen) versuchten die Musik stärker zu strukturieren mit komponierten und improvisierten Teilen, was mitunter sehr komplexe Arrangements zur Folge hatte. Später wurden auch Elemente der europäischen Konzertmusik integriert. Zu einer Verkörperung des kammermusikalischen coolen Jazz schlechthin wurde das 1952 gegründete „Modern Jazz Quartet“ mit John Lewis (p), Milt Jackson (vib), Kenny Clarke (später Connie Kay) (dr) und Percy Heath (b), das wie kaum eine andere Gruppe Fugen in der Art J.S. Bachs mit den Jazzelementen Rhythmus und Improvisation verband. 

Während im Bebop vor allem die virtuose Spieltechnik des einzelnen Solisten im Vordergrund stand, wird im Cool Jazz wieder das Ensemblespiel und das Arrangement wichtig. Stilistisch zeichnet sich coole Spielweise durch nahezu vibratolose Tonbildung der Bläser aus, mit oft gedämpften oder fast gehauchten Tönen. Diese werden leicht verschleppt, hinken also gewissermaßen hinter dem Beat her (relaxed, laid-back Spielweise), was eine besondere Spannung schafft.

Die Kunst dabei ist, kühl zu spielen, ohne kalt zu sein.

Die New Yorker Cool-Szene wurde wesentlich mitgestaltet von dem aus Chicago zugezogenen blinden Pianisten Lennie Tristano und seiner „New School of Music“. Zu seinem festen Kreis zählten Lee Konitz (as), Warne Marsh (ts) und Billy Bauer (g). 

Der an der Westküste in Los Angeles (Hollywood) und San Francisco gepflegte Cool-Dialekt, der wohl eher aus Vermarktungsgründen als „West Coast Jazz“ bezeichnet wurde, zeigte eine etwas stärkere Affinität zum Swing als der „East Coast Jazz“. Protagonisten des West Coast Jazz waren Shorty Rogers (tp), Bud Shank (as, bs), Shelly Manne (dr) und Jimmy Giuffre (cl, ts). Der von New York nach Kalifornien übergesiedelte Gerry Mulligan (bs) gründete dort ein legendäres Quartett mit Kontrabass, Schlagzeug und zwei Bläsern. Dabei waren Chet Baker (tp), Bob Brookmeyer (valve tb) und Art Farmer (tp, flh). 

Weitere Gruppen und Musiker, die mit dem Cool Jazz in Verbindung gebracht werden, sind Dave Brubeck (p) mit seinem Altsaxophonisten Paul Desmond (Take Five), die George Shearing (p) Band, der Arrangeur Gil Evans sowie Stan Getz (ts), um nur einige besonders erfolgreiche Vertreter zu nennen.