Konzertbericht

Nürtinger / Wendlinger Zeitung

Filigrane und ideenreiche Violinenklänge

Gypsy Jazz vom Feinsten boten das Jermaine Landsberger Trio & Sandro Roy im Hof des Köngener Schlosses. Mehr als 200 Jazzfans trotzten dem launigen Wetter beim zweiten Open-Air-Konzert des Jazz-Clubs.

Jermain Landsberger Trio & Sandro Roy am 28.07.2023 beim Open Air im Jazzclub Köngen
Eine eingespielte Combo, das Jermaine Landsberger Trio, das sich mit Sandro Roy angekündigt hatte. Foto: Gerd Kenner

Nach dem Erfolg der ersten Open-Air-Veranstaltung im letzten Jahr stand für die Verantwortlichen des Köngener Jazz-Clubs schon lange fest, dass es auch in diesem Jahr ein Konzert im Hof des Schlosses geben sollte. Der Reiz lag nicht nur in der herrlichen Ausstrahlung des frisch renovierten Schmuckstückes und der hervorragenden Akustik, sondern auch in der Möglichkeit dort eine größere Zahl an Zuhörern unterzubringen im Vergleich zur Schlosskapelle als angestammter Veranstaltungsort.

So strömten trotz des launigen Wetters mehr als 200 Jazzfans in den wunderbar gelegenen Außenbereich und lauschten den Klängen des Jermaine Landsberger Trios, das sich mit Sandro Roy angekündigt hatte. Nach einem stimmungsvollen Intro am Flügel brachte das Quartett mit dem Titel „Valse Manouche“ das Publikum schnell auf Kurs. Man brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass hier vier echte Könner am Werk sind in gut austarierter Balance der dynamischen, tempomäßigen und emotionalen Ansprüche des Stückes. Gelungene Solodarbietungen gaben gleich einen Vorgeschmack auf das restliche Programm.

Im folgenden Titel „Bayer Kultur Swing“, aus der Feder von Sandro Roy, ließen die vier Musiker ihre ganze Professionalität aufblitzen und übergaben in den einzelnen Abschnitten die Staffelstäbe blitzsauber und exakt. Ein kurzer Blick, ein leichtes Drehen des Kopfes oder ein kaum wahrnehmbares Nicken indizierten die Übergänge zwischen dem Pianisten Jermaine Landsberger und Sandro Roy an der Violine. „Wir beide kennen uns schon lange und haben zahlreiche Konzerte zusammen gespielt. Jermaine ist praktisch mein Jazzvater“, so drückte sich Sandro Roy treffend und liebevoll aus.

Ein buntes Kaleidoskop an Titeln zog sich durch das Programm. So durfte der Klassiker „Nuages“ von Django Reinhardt nicht fehlen. Aber auch das „Liebesleid“ von Fritz Kreisler, der Titel „Wave“ von Carlos Jobim oder gar Herbie Hancocks „Dolphin Dance“ kamen zu Ehren und lieferten die Grundlage für Gypsy Jazz vom Feinsten.

Sandro Roy gilt als einer der talentiertesten und vielversprechendsten Violinisten und hat im klassischen Bereich schon viele Konzertsäle erobert wie das Münchner Prinzregententheater mit „Gypsy goes Classic“ und im letzten Jahr die Liederhalle in Stuttgart. Als Grenzgänger steht er zwischen Jazz und Klassik und lässt in seinem Spiel grundlegend beide Genres erkennen. Man weiß eigentlich nicht so richtig, was man bei ihm mehr bewundern soll, sein Auftreten zwischen jugendlicher Frische und schon professioneller Versiertheit oder sein schlichtweg makelloses Spiel, das in jeder Tonlage ein Spektrum an filigranen Violinenklängen hervorbringt.

Seine Soli sind je nach Stück von lyrischen und sehr empathischen Passagen geprägt, in denen auch der gelegentliche „Touch“ zum Schmalz nicht fehlen darf. Ansonsten glänzt er auch mit ekstatischen und extrem schnellen, aber sauber gespielten Skalen. Sein Ideenreichtum in den Improvisationen scheint endlos zu sein. In dem von ihm komponierten „J. L. Swing“ läuft er zur Hochform auf.

Mit Jermaine Landsberger steht ihm am Flügel ein absolut genialer Partner zur Seite. Sein imposantes und energiegeladenes Spiel fällt auf durch ein bestechendes Verhältnis zwischen rechter und linker Hand in ausgefeilter und perfekter Anschlagtechnik. Man mag seine Interpretationen und Soli mit einem Wasserfall vergleichen, der sich je nach Wassermenge wuchtig oder perlend über einen Fels ergießt. In seiner Komposition „Gypsy Night in Budapest“ brilliert er mit gefühlvollen und unter die Haut gehenden Akkorden.

Die beiden Rhythmiker Henning Sieverts am Kontrabass und Julian Fau am Schlagzeug ergänzten das Quartett äußerst routiniert zu einem vollkommenen Ganzen. Beide spielten sich nur phasenweise in kurzen Soli in den Vordergrund, zeigten aber insgesamt eine souveräne und meisterhafte Leistung.

Nach zwei Zugaben vor dem mittlerweile hell erleuchteten Schloss entließen die Musiker die zufriedenen Jazzfans in das Dunkel der Nacht.

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